Frankreich übernahm im ausgehenden 19. Jahrhundert die flächendeckende Ausbeutung Madagaskars. Die Protagonist:innen der Kolonialherrschaft kurten in Antsirabe, demVichy der Insel im Indischen Ozean, die ihren Namen von italienischen Renaissance-Kartografen auf der Grundlage eines mit Marco Polos Schilderungen verquickten Missverständnissen erhalten hatte. Die Europäer:innen erholten sich im kontemporären Spa-Ambiente einer heißen Quelle. Als Rikscha-Passagiere erreichten sie einen royalen Badesee namens Lac Tritriva. In Gesellschaft des schillernden Rajonarimananahery, kurz Hery, erreicht Nora im Jetzt des Romangeschehens den vollgelaufenen Vulkankrater. Da entdeckt sie einen „Geruch, der die Angst (aufhebt), die … Menschen ständig (haben). Angst vor dem Zuspätkommen, Angst vor dem Versagen, Angst, etwas zu verlieren.“ Später wittert sie in recycelten Reissäcken die Spur eines Dufts mit epochalem Signalcharakter.
Antonia Michaelis, „Die Wiederentdeckung des Glücks“, Roman, Droemer, 335 Seiten, 20.-
Nora und Terje sind auf eine unvertraute Weise Tochter und Vater. Sie wuchs leistungsorientiert bei der Mutter in Berlin auf, während er auf Hiddensee träumte. Nora regte die gemeinsame Reise nach Madagaskar an. Für ihren Vater blieb die Insel in langen Absenzen ein Sehnsuchtsort voller Verbindungen mit seinem Leben. Nora verfolgt in ihrer rasenden Geradlinigkeit ein ehrgeiziges Ziel. Die Sachverständige will den Duft der Stunde extrahieren. Bald taucht sie in einem Meer von Aromen auf dem Antsena Sabotsy, le grand marché d’Antsirabe.
In der Zwischenzeit baut Terje ein aus Flaschen recycelten Cyclo-Pousse. Der Pousse-Rekordhalter Rakotomalalabalita, kurz Biscuit, ein junger Mann ohne Familienname, erweist sich als wahrer Freund und Bastelkamerad des alten Deutschen.
„‘Sieh hin!‘, rief Biscuit.‘ Technik, Haltung, Einstellung! Du darfst nicht gegen das Pousse kämpfen, du bist nichts ohne das Pousse, es rettet jeden Tag dein Leben. Du musst mit ihm verschmelzen. Entspann dich. Den Lenker niemals herumziehen, nur sanft drücken, und die Beinarbeit, die Beinarbeit ist das Wichtigste, aber es ist kein Kampf, es ist ein Tanz‘.“