TERMIN:
Samstag, 25. Oktober 2025, 11:00–22:00 Uhr
Sonntag, 26. Oktober 2025, 11:00–16:00 Uhr
ORT:
Evangelische Akademie Frankfurt, Römerberg 9, 60311 Frankfurt am Main
EINTRITT:
Samstag, 25.10.: 12 €, erm. 8 €
Sonntag, 26.10.: 12 €, erm. 8 €
Dauerkarte: 20 €, erm. 15 €
TICKETS im Vorverkauf online über ADticket, telefonisch über 069/90283986 (ADticket) oder an der Einlasskasse der Evangelischen Akademie Frankfurt
Textland erkundet, wie sich Grenzen auf konstruktive Weise ziehen, hinterfragen und überwinden lassen. Hier verfügt namentlich die Literatur aufgrund ihres diskursiven und ästhetischen Wesens über ein besonderes Potential: Sie verschiebt nicht selten vermeintliche Gewissheiten sozusagen auf Probe. Das Nachdenken über die Möglichkeit, dass alles auch ganz anders sein könnte, befähigt uns, Einblicke in fremde Realitäten zu gewinnen und neue Wege zu erkennen. In Lesungen, Performances und Diskussionen führen die Autor:innen den komplexen und herausfordernden Umgang mit Grenzen vor Augen. Erstmals werden auch junge Erwachsene und Studierende aktiv mitdiskutieren und ihre Impulse einbringen.
11:00 Uhr (Einlass ab 10:30 Uhr)
11:00 Begrüßungen
11:15 – Keynote | Podiumsgespräch mit Kurzlesungen
Wie behauptet sich die deutschsprachige Literatur im ästhetischen und ethischen Spannungsfeld der Grenze? Wie kann der Literaturbetrieb offen und vielfältig bleiben? Wie entsteht ein respektvoller Dialog – auch dann, wenn es um schwierige oder kontroverse Themen geht? Über diese Fragen wurde am Vortag von Textland in einem nichtöffentlichen Werkstattgespräch diskutiert. Lena Gorelik bringt die Ergebnisse als Impuls mit aufs Podium. Im anschließenden Gespräch mit Shida Bazyar, Nora Osagiobare und Miryam Schellbach wird beleuchtet, wie sich auch bei polarisierenden Themen ein respektvoller und produktiver Dialog bewahren lässt – und wie beim Streit um das beste Argument ein konstruktives Fundament entstehen kann. Nora Osagiobare liest aus ihrem Debütroman „Daily Soap“, Shida Bazyar aus ihrem noch unveröffentlichten Roman.
12:30 – Lesung und Gespräch
Für „Blaue Frau“ erhielt Antje Rávik Strubel den Deutschen Buchpreis. In ihrem neuen Roman „Der Einfluss der Fasane“ geht sie das Thema sexualisierte Gewalt gegen Frauen noch einmal als bissige „Boulevardkomödie“ an. Sie erzählt von einer, die die Kontrolle verliert. Von den Erregungsdynamiken, die sich, einmal in Gang gesetzt, nicht mehr steuern lassen. Ein fast leichtfüßiger Roman über schwere Vorwürfe, das Ringen um Worte und über das Unheil medialer Diskurse. Strubel stellt eine Protagonistin in den Mittelpunkt, die Ambivalenzen zeigt und selbst nicht wirklich sympathisch ist.
13:30 – Keynote | Podiumsgespräch mit Kurzlesungen
In seinem Kurzvortrag widmet sich Olivier David den Verletzungen und Spannungen, die aus sozialer Ungleichheit, Armut, Scham, Sprachlosigkeit, Vereinsamung und Wut resultieren, sowie der Frage, wie daraus Widerstand entstehen kann. Josefine Soppa liest aus ihrem Debütroman „Mirmar“, der um eine ungewöhnliche Mutter-Tochter-Beziehung und das Leben und Lieben im Stakkato zwischen Altersarmut, Job und Jobverlust kreist. Marlen Hobrack macht in Büchern wie „Klassenbeste“ oder „Klassismus“ deutlich, warum soziale Herkunft und Einkommen hierzulande noch immer tragende Rollen spielen, und formuliert die Klassenfrage aus weiblicher Perspektive radikal neu.
15:15 – Lesung und Gespräch
In „Kommando Ajax“ macht Cemile Sahin eine geflüchtete kurdische Familie zu Helden statt zu Opfern der Geschichte. Sahin lässt sich darin weder von falscher Bescheidenheit oder Scham aufhalten noch von Erzählkonventionen und Genregrenzen. Selbstbewusst bedient sie sich verschiedenster erzählerischer Mittel, sprengt die Chronologie, beschreibt schonungslos die Gewalt, die ihren Figuren begegnet, und führt uns so zu Erkenntnissen, wie etwa dieser: dass sich niemand den Vorurteilen, den Erzählungen einer Gesellschaft über sich und über die anderen entziehen kann, so der Rezensent Samuel Hamen des Deutschlandfunks.
16:00 – Vorstellung der Preisträgerinnen
Die Literaturzeitschrift „Edit“ rief 2012 den Edit Essaypreis ins Leben, der in diesem Jahr am Vortag von Textland in Leipzig auf dem 12. Festival Politik im Freien Theater zum achten Mal vergeben wird. Ausgezeichnet wurden Essays, die mit literarischer Qualität und einer besonderen Auseinandersetzung mit dem Thema „Grenzen“ überzeugen. Nastasja Penzar und Yasmin Sibai, zwei der drei diesjährigen Preisträgerinnen der von der Kulturstiftung Sachsen und dem Kulturamt Leipzig geförderten Ausschreibung, lesen Auszüge aus ihren prämierten Essays.
17:00 – Lesungen und Gespräch
Welche Rolle spielt das Imaginäre, wenn das Reale kaum noch auszuhalten ist? In Gesprächen und Lesungen werden Fragen aufgeworfen: Wie politisch ist Fantasie? Wie real sind Dystopien? Und was kann Literatur, was andere Räume nicht können? In seinem Roman „Birobidschan“ beschreibt Tomer Dotan-Dreyfus die Geschichte eines jüdisch-sozialistischen Schtetls in Sibirien und knüpft damit an die jiddische Erzähltradition und den magischen Realismus an. Amira Ben Saouds Roman „Schweben“ versetzt in eine dystopische Zukunft, in der nach Kriegen und großer Hitze die Erde in einer Eiszeit versinkt.
18:15 – Lyrik-Performance
Der Lyriker und Übersetzer Alexandru Bulucz stellt mit Miedya Mahmod eine wichtige literarische Stimme der jungen Generation in Deutschland vor. Miedya Mahmods assoziationsreicher Mix aus Spoken Word, Kurzgeschichte, Lyrik sowie der schnelle Wechsel von einer Sprache in die andere machen die Performance zum Erlebnis. Bereits 2023 wurde they mit dem Jurypreis des open mike-Wettbewerbs in Berlin ausgezeichnet.
Lange bevor es Mode wurde, trat Reyhan Şahin bereits als feministische Rapperin Lady Bitch Ray auf. Als die deutsche Academia noch so divers wie trockenes Weißbrot war, promovierte sie als Frau mit Migrationsbiografie und hat Geringschätzung, Hass und Diffamierung stets an sich abprallen lassen. Der härteste Test war die Brustkrebs-Diagnose, die sie ihrem jüngsten Roman „Amazonenbrüste“ zugrunde legte. Reyhan Şahin lässt hier eine schlagfertige Feministin mit Brustkrebs auf die weißbekittelte Verdruckstheit deutscher Ärzt:innen treffen. Wie ihr die Literaturkritik bescheinigte, schreibt sie mit „entwaffnendem Humor, kluger Wut und unerschütterlicher Bitchpower“ gegen das Schweigen an.
20:00 – Lesung und Gespräch
Vor dem Hintergrund der stillen Krisen, der inneren Katastrophen und der seelischen Ausnahmezustände unserer Zeit lotet Helene Hegemann in ihrem neuen Roman „Striker“ radikal und poetisch die Ränder des Menschlichen aus. Es geht um Verlust, Identitätsbrüche, emotionale Grenzerfahrungen – und darum, wie Menschen sich selbst und andere verlieren. Sie erzählt über die Hintergründe ihres Romans, über Sprachgewalt und Verletzlichkeit, über Trauer, Nähe und das, was bleibt, wenn alles andere verschwindet.
11:00 Uhr (Einlass ab 10:30 Uhr)
Begrüßung
11:00 – Podiumsdiskussion
Lassen sich Glaube und Geschlecht, Spiritualität und Selbstbestimmung, Tradition und heutige Lebenswirklichkeit miteinander verbinden oder bremsen sie sich gegenseitig aus? Insbesondere Frauen und queere Menschen fordern angesichts der Zunahme fundamentalistischer und radikaler Strömungen oft kein „Weniger“ an Religion, sondern mehr Anerkennung für ihre Existenz und eigene Glaubensperspektive. In kurzen Statements und im anschließenden Gespräch berichten drei Frauen aus dem jüdischen, christlichen und muslimischen Kontext über ihren persönlichen Umgang mit Religion, Identität und gesellschaftlichen Erwartungen. Sie sprechen über Brüche und Annäherungen, Vielfalt und Zugehörigkeit sowie hieraus entstehende Fragen. – Ein Austausch über Differenz und Verbundenheit und die Überwindung von Grenzen.
Wie viel Europa bleibt, wenn Menschlichkeit an der Grenze endet? Die Migrationspolitik der Europäischen Union steht an einem kritischen Punkt: Der Zerfall der rechtebasierten Ordnung zeichnet sich ab. Abschottung wird immer gewalttätiger, EU-Recht wird offen gebrochen, das Grundrecht auf Asyl ausgesetzt und die Abschiebemaschinerie angekurbelt. Gleichzeitig rücken autoritäre Rhetorik, Militarisierung und entmenschlichende Diskurse zunehmend in den politischen Mainstream. Die Bundesregierung reiht sich in den Block rechter Staaten ein, die Grundrechte in Europa aushöhlen. Was bedeutet dies für die Idee eines solidarischen Europas – und für die Gesellschaften im Inneren? Welche strukturellen Folgen hat die aktuelle Politik für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt? Die Podiumsdiskussion in Kooperation mit medico international beleuchtet diese Fragen mit Perspektiven von den Rändern Europas aus der kritischen Migrations- und Grenzregime-Forschung sowie der Seenotrettung und mit Ansichten aus den antirassistischen Kämpfen und der politischen Aktionskunst in Deutschland.
14:45 – Szenische Lesung
Reichsbürger sind Menschen, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag zurückziehen, die die Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Gesetze nicht anerkennen und ganz nach Belieben ihre eigenen Kleinstaaten, Reichskanzler und Kaiser an ihre Stelle setzen. Lange als Spinner, als Realitätsverweigerer abgetan – exzentrisch, aber harmlos –, hat das Thema durch tödlichen Widerstand gegen Polizisten und nach Waffen- und Sprengstofffunden eine ganz neue Brisanz bekommen. Konstantin und Annalena Küspert beleuchten die Psyche eines Reichsbürgers, verfolgen die Gedanken und Hintergründe. Im Gespräch werden sie Einblicke ins künstlerisch-politische Schreiben geben und erläutern, wie sich solch extreme Auswüchse in Worte fassen lassen.
Büchertisch der Autorenbuchhandlung Marx & Co.
Catering von Hoffmann im Raum
Veranstalter: Förderkreis Frankfurt e. V. – Kultur & Diskurs
Ort: Evangelische Akademie Frankfurt
Gefördert von:
Kulturfonds Frankfurt RheinMain | Crespo Foundation | Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst |
Kulturamt Frankfurt am Main | Dr. Marschner Stiftung | AmkA | EKHN | Sparda Bank Hessen
Siehe Förderer & Partner.